Verrückt nach Marzipan!  

 

        Ein kulturgeschichtlicher Essay

        über den tausendjährigen Bestseller

         Marzipan

 

 

 

Dr. phil. Susanne von Garrel

Vorstandsvorsitzende

OHDE STIFTUNG

 

Berlin, im April 2022

Copyright OHDE Stiftung Berlin

 

 

 

 Ex Oriente Lux :

Das Marzipan kommt aus dem Orient - Persien! Nicht aus Lübeck!

Niederegger und das Lübecker Marzipan sind weltberühmt. Das Marzipan hat ihr Gründer, der Konditormeister Johann Georg Niederegger, der 1806 die Lübecker Konditorei Maret übernahm- nicht erfunden. Das Marzipan wurde nicht in Lübeck erfunden – sondern im Orient, in Persien im 9.Jh. n.Chr.

Die Firma Niederegger berichtet hierzu selbst, was viele Forscher und Experten herausgefunden haben.

Niederegger berichtet auf seiner Webseite:

Das Marzipan aus kommt aus dem Orient: Der berühmte persische Arzt Rhazes (850-923) schreibt in einem Buch von einem Gemisch aus Mandeln und Zucker und preist dessen heilsame Wirkung. Die Kreuzritter haben aus dem Orient Gewürze und orientalische Geheimnisse mit gebracht…..

Irgendwo im persischen Reich also im 9.Jahrhundert n.Chr. rührten Menschen Rosenwasser, indischen Rohrzucker und persische Wildmandeln zusammen – und erfanden das Marzipan. Eine Innovation, die blieb und bleibt und bleibt, seit über eintausend Jahren, unverbraucht und im Kern unverändert. Neben dem Rum, der durch die Seeleute über die Weltmeere bekannt gemacht wurde, ist kulturgeschichtlich Marzipan dasjenige Lebensmittel, das praktisch weltweit verbreitet ist bis auf wenige Länder wie etwa die Türkei, die eine ganz separate Süßigkeiten-Kultur entwickelt hat .

Marzipan ist fast weltumspannend ein nicht erreichter Bestseller. Als Lebensmittel dürfte Marzipan daher ungefähr das sein, was das Rad für die Technik und die Bibel für die Bücher sind.

Über die Araber nach der Eroberung Persiens verbreitete sich das Marzipan im arabischen Raum. Die Kalifen, Paschas und Haremsdamen (und ihre Besucher…) machten Marzipan zur teuren Mode, die von den Arabern über Nordafrika nach Spanien kam.                   

Das 9. Jh. N.Chr., das war die Epoche Karls des Großen und eines der dunklen Jahrhunderte des frühen Mittelalters in Europa, als mit dem Römischen Reich auch dessen Wissen, Kultur, Technik versunken und vergessen waren.

                                         

Aber es war in Persien und im arabischen Raum eine Zeit der Blüte der Kultur, die Zeit großer Ärzte, Forscher und Künstler.

Unschön nur, dass die arabischen Muslime ihre Hochkultur Spanien, Sizilien und Südfrankreich nahebrachten,

indem sie die Länder eroberten. Friedlich wäre schöner gewesen, auch nachhaltiger….

711-bzw.719 bis 1492 mit dem Fall Granadas wurden die arabisch eroberten Teile der iberischen Halbinsel von arabischer Kultur mitgeprägt- „mit“-geprägt wegen der ausgeübten Toleranz.

Die Vermittlung ihrer Hochkultur war eher ein ungeplanter Nebeneffekt – ein Irrtum, weil das als Haupteffekt zu sehen ist.  Eroberungen durch Gewalt bleiben nicht.Gedanken, Erfindungen dagegen schon. Hinter das, was einmal gedacht wird, kann auf Dauer nicht zurückgegangen werden. Gedanken und Innovationen werden wirklich, wenn sie in einer Zeit ankommen oder in eine Zeit zurückkommen, in der sie wirklich werden können. Was durch Gewalt geregelt wird, hat dagegen nur so lange Dauer, wie die Gewalt aufrechterhalten werden kann.

Die Reconquista hat die arabische, tolerante Herrschaft 1492 abschließend hinweggefegt. Die Zeugnisse der arabischen Hochkultur in Spanien und Sizilien zeugen noch heute von einer toleranten muslimischen Kultur, die Wissenschaft und Kunst zu einer Blüte brachte, von der das Abendland damals Jahrhunderte entfernt war. Das Wissen arabischer Ärzte und ihr Zahlensystem haben sich eher durchgesetzt.

Aber das Marzipan ist geblieben und hat die turbulenten Glaubenskriege und Eroberungen durchdauert in all den Facetten, die ihm zugeschrieben wurden.

 

Es ist damit heute wie auch andere Dinge der Gesittung und der Sitten auch zu einer kulturgeschichtlichen Gemeinsamkeit geworden, die Morgen- und Abendland gestern, heute Kontinente, Kulturen, Nationen und ihre Menschen verbindet.

Eskapistisch dabei ist, was im Laufe der Jahrhunderte aus dem Marzipan geworden ist, das die Araber mitbrachten - und auch gleich den Mandelanbau in Spanien begannen.

 

Die Portugiesen etwa lieben Marzipan heute als Figur Fuß im Strumpf. Sieht etwas gewöhnungsbedürftig aus und unklar bleibt, was immer das bedeuten soll ...                                      

Die Kreuzritter, aber auch über das aufstrebende Venedig und dann die ebenfalls aufstrebenden oberitalienischen Handelsstädte wie Genua, Pisa und Siena brachten mit ihrem Levante-Handel zusammen mit den Gewürzen auch das sagenhafte Marzipan nach Spanien (Toledo)und Italien (Venedig, Neapel, Sizilien).  Von dort begann über den Handel der Siegeszug in das heutige Europa – vor allem in die Handelsstädte, die über Wasserwege mit den Hansekoggen zu erreichen waren wie Lübeck, Hamburg, Danzig Königsberg, Reval, Stralsund, aber auch Dresen u.a. usw.- im Mittelalter  kam das Marzipan neben vielen Hansestädte  eben auch nach Frankreich und in die heutige Schweiz usw.

Auch in die oberdeutschen(fränkischen) Städte wie Nürnberg, die die Handelsrouten der Hanse im Spätmittelalter ablösen, findet das Marzipan früh über die Alpen von Venedig seinen Weg.

 

Warum das Marzipan „Marzipan" heißt.

Der Laie staunt und der Fachmann wundert sich.

Ganz sicher ist jedenfalls, was Legendenbildung ist z.B. aus Venedig und Lübeck zum Namen Marzipan.

Etwas unsicher dagegen ist - die Experten sind sich nicht ganz einig, woher der Name Marzipan eindeutig kommt.

Sicher ist zumindest: Marzipan kommt vom italienischen Wort marzapane.

Marzapane geht auf die byzantinische Münze Mauthaban zurück, oder könnte auch auf Martaban

zurückgehen, eine birmanische Stadt.                                           

Von dort kamen Keramikgefäße, in denen Gewürze, Süßes, Arzneimittel transportiert wurden – durch den Verschluss auch das Aroma verschließend.

Hier könnte vom Gefäß Martaban der Name auf den Inhalt übergegangen sein.

Genauso bei der byzantinischen Münze Mauthaban ,die die Venezianer seit 1193 nachmachten als „mataban“. Sie zeigt  Christus auf dem Thron. Die Araber machten daraus   anschaulich das Wort Mautaban („Der, der still sitzt“), was ja stimmt. Eine kleine Schachtel hatte nach der Gewichtseinheit der Münze auch denselben Name: „mauthaban „.   

Nicht des Pudels, wohl aber der Schachtel Kern :Das waren gerade jenen kleinen Spanschachteln, in denen Marzipan verpackt wurde!

Sicher erscheint am Schluss: Der Name der Verpackung ist auf den Inhalt übergegangen.  Im Venedig des 12.Jahrhunderts wurde daraus „marzapane“.Damit tritt das Marzipan seine Reise nach ganz Europa an, als „massepain“ in Frankreich und eben als „Marzipan“ im deutschsprachigen Raum.

 

Die Legenden-Bildung

 1) Marci Panis – das Brot des Markus oder Markusbrot.

Das haben die Venezianer in die Welt gesetzt und sich nachträglich zu Erfindern des Marzipans machen. Sie hatten  bereits die angeblichen Gebeine des heiligen Markus raffiniert aus Ägypten gestohlen, indem sie Schweinehälften drüberlegten, die die muslimischen Kontrolleure natürlich nicht hochhoben. Der heilige Markus, der Markusplatz – die aggressive, imperialistische „Serenissima“ Venedig, die Freund und Feind im Mittelmeerraum ihren Löwen aufs Land pflanzte und mit ihrer gewaltigen Flotte einschüchterte, um es freundlich oder unfreundlich zu erobern – tat das alles unter dem Mäntelchen der Frömmigkeit zu ihrem heiligen Markus.

Alles nur geklaut. Das Markusbrot genauso.

Das Marzipan wurde lange vorher aus Persien importiert und gehandelt, ehe dann die Herstellung in Venedig funktioniert hat.                                         

Geklappt hat die Herstellung von Marzipan vor allem durch die Zuckerbäcker aus dem Kanton Graubünden, die in großer Zahl als Spezialisten aus der Schweiz kamen.                                             

Die Graubünder Spezialisten stellten es zuerst und lange her in Venedig…das fromme Markusbrot, die Apotheken, die heilsame Wirkung….

Lügen haben bekanntlich kurze Beine.

Fromm und heilsam?! Dafür muss Marzipan nicht mit Blattgold überzogen werden…….aber dazu später weiter, wenn  die Gondeln und das Marzipan Trauer tragen …

 

2) Die hansischen Pfeffersäcke in Lübeck fanden angesichts des gigantischen Erfolgs des Marzipans, es wäre ganz gut, das Marzipan sei in Lübeck erfunden.

Dummheit siegt, haben sie sicher bei ihrer Legende gedacht:

Bei einer Hungersnot 1407 hätten die Bäcker kein Mehl mehr gehabt. Aber die Lager voll von Mandeln und Zucker. Der Lübecker Rat wies sie an, daraus „Brote“ herzustellen, daraus sei das „Mandelbrot“ entstanden, das Marzipan eben.

Übrigens: Erst 1530 wird auf einer Lübecker Schriftrolle erstmals Marzipan erwähnt

Mandeln aus Persien und Rohrzucker aus Indien: Absolute Luxusprodukte, absolut teuer. In Mengen gelagert? Aber Hungersnot, weil kein Mehl zu bekommen war?

Auch hier: Alles nur geklaut. Die dumme Arroganz einer antik amoralisch abgeschotteten reichen Elite in der Art wie der nie von Marie Antoinette gegebene Rat, die Leute sollten halt Kuchen essen, wenn sie kein Brot haben

Immerhin: Das in Lübeck angeblich erfundene Marzipan- eine der erfolgreichsten Legenden der Geschichte, die den Absatz des Lübecker Marzipans seit dem 19.Jah. verkaufswirksam gefördert hat – bis heute.

 

Der Erfolg ist dem Lübecker Marzipan gegönnt. Es ist sehr gut, das die Firma Niederegger auf ihrer Webseite ihren Gründer, Johann Georg Niederegger(1777-1856) mit seiner eigenen Lebensgeschichte auch die Geschichte der Erfindung des Marzipans richtig erzählen lässt.:

Ex Oriente Lux, d.h. Persien als die Wiege des Marzipans ist geklärt!

Der Ruhm gebührt Lübeck , J. G. Niederegger und seinen Nachfahren weiterhin nachdrücklich:

Schon zu seinen Lebzeiten lieferte Niederegger an den russischen Hof der Zaren. Heute in alle Welt.

Die Bestellungen des russischen Zarenhofes von Niederegger reihen sich ein in die Internationalität der Kultur des 18.Jahrhunderts, die auch nach Napoleon in der Zeit der Entstehung der Nationalstaaten noch nachklingt.

Das vorangehende 18.Jh. hatte eine Internationalität, die erst das späte 20. Und das 21.Jh. bis zum 24.2.2022 wieder erreicht hatte. Die Zaren liebten das Marzipan aus Lübeck, die schmucken Ostereiner von Faberge aus Paris und zuvor die Möbel des Königs der Ebenisten, David Roentgen aus Neuwied. – Allein Katharina die Große bestellte rd. 90 Sekretäre aus karelischer Birke bei ihm. Vieles davon zu sehen z.B. in Kopenhagen, in Berlin, Neuwied und in Russland im riesigen weißen Saal der Emeritage in St.Petersburg zusammen auch mit Bildern von Tischbein und Angelika Kaufman .– Von deren Nachklang „Verrückt nach Angelika" der Titel dieses Essays entlehnt ist. Sie reiste durch ganz Europa und malte Könige, Fürsten und alle, die sehr viel Geld hatten – ein internationaler Star der Kunst wie Anna Nebtrebko bis zum 24.2.2022 oder Jahrzehnte zuvor die Callas. Der Franzose Maupertuis wurde unter Friedrich dem Großen ganz selbstverständlich Präsident der Preußischen Akademie der Wissenschaften wie heute  Daniel Barenboim z.B. Dirigent und dauernder Chef des Orchesters des Konzerthauses in Berlin.

 

Unterbrochen nach 1850 durch Nationalismus und Weltkriege entstand nach 1945 dieselbe internationale Community der Wissenschaften und Künste wieder, die Wissenschaften und Künste weltumspannend vorangebracht hat – bis der Vorhang heute wieder gefallen ist – und sich voraussichtlich in unserer Generation nicht mehr heben wird.                                                      

Die Gelehrtenrepublik und die Internationalität der Künste, des Stils und der Sitten des 18 Jh. klingt wie in einem Abgesang nach in den Ostereiner Faberges und dem Marzipan Niedereggers aus Lübeck am russischen Zarenhof im 19 Jh.

Eine erfundene, dümmliche Legende hat das Haus Niederegger eben nicht nötig. Der selbstwussten Haltung von Niederegger zur historischen Wahrheit gebührt uneingeschränkt Respekt.

Die Königsberger sind plumpe Nachahmungstäter, solange Königsberg Königsberg war. Ab 1945 ist es heute das russische Kaliningrad : Nach einer Legende passierte 1409 dasselbe in Königsberg, was 1407 in Lübeck angeblich passiert sein sollte…dieselbe Geschichte mit der Hungersnot, nur die vielen Mandeln und Zucker hätten sie gehabt, aber kein Mehl….

 

Marzipan - Luxus, Heilmittel und Liebes-Elixier:

Haremskonfekt“ und „Brot der Engel

Seinem Ursprung nach wurde das Marzipan als Heilmittel verstanden. Bei Mandeln, Nüssen, sind heute die gesundheitsfördernden Wirkungen nachgewiesen. Der persische Arzt Rhazes schrieb im 9.Jh. über Mandeln:"So man sie aber geschält und mit weißem Zucker genießt, vermehren sie das Rückenmark und das Gehirn und machen den Körper fett.“

Das ist aber nicht der Hauptgrund für den Siegeszug des Marzipans.

Die Erfindung des Marzipans im persischen Reich, wo es sich schnell verbreitete inmitten des ganzen verschwenderischen  Prunks und Luxus des Orients, verband  sich mit dem ganzen Zauber von Tausend und einer Nachtund wurde ein Teil davon.

Es ist der Zauber, nüchtern modern unbeliebt als „wording“ oder „ story-telling“benannt.        

Durch seine vorgeblich aphrodisierende Wirkung, die man in den orientalischen Harems wahrzunehmen meinte, ging es mit dem Beinamen „Haremskonfekt“ auf seine Eroberungskultur um die Welt.

Marzipan war teuer, denn der Rohrzucker musste aus Indien importiert werden nach Persien und später in den Mittelmeerraum und nach Mittel- und Nordeuropa hin über immer weitere Wege.

Rosenwasser war damals und ist heute noch immens teuer: 1 Liter kostet heute rd. 6000 Euro. Hauptproduzent ist heute Bulgarien.

Die persischen Wildmandeln sind bis heute allen anderen Mandeln, denjenigen, die später im Mittelmeerraum und in Kalifornien angebaut wurden, im Geschmack weit

überlegen. – Auch diese persischen Mandeln mussten über weite Wege transportiert werden.

Marzipan wurde so vor allem durch seine über die Transportwege teuren Zutaten ein absolutes Luxusprodukt.

Marzipan, ein Luxusprodukt, das als Heilmittel galt und aphrodisierte- und aber einfach auch: Eine sehr köstliche Süßigkeit. Es kam alles zusammen.

Marzipan ist damit kulturgeschichtlich wie wirtschaftsgeschichtlich ein Phänomen, in dem sich alles

verbindet, was den wirtschaftlichen Erfolg durch Innovation und Inspiration in ungeahntem Maß auslöst.                                          Als Luxusprodukt wird es ab dem 13.Jh. Teil der Luxuskultur        der wirtschaftlichen, der politisch-militärischen und der religiösen Elite. Für den hohen Klerus, den Hochadel, Feldherrn, und das aufstrebende, reiche Bürgertum und wohlhabende Handwerker der selbstbewussten Handelsstädte wird Marzipan zu einem einzigartigen Gegenstand der Repräsentation von Macht, Einfluss und Reichtum.

                                       

Für Eliten, die unter sich blieben, war das Marzipan damals etwa, was heute eine Vuitton-Tasche oder ein Armband von Cartier ist:

Erkennungszeichen, dass der /die Besitzer/in dazu gehört zu einer Schicht, egalitär nach Innen und exklusiv nach außen.

Für den hohen katholischen Klerus, der auch gern üppig tafelte, stand „natürlich“ die heilsame Wirkung des Marzipans im Vordergrund…            

Thomas von Aquin schreibt im 13 Jahrhundert für seine geistlichen Mitbrüder:“Marzipan bricht das Fasten nicht.“- Aquin, der große theologische Lehrer seiner Zeit, war selbst – komplett dick. Der Beitrag des Marzipans dazu ist nicht bekannt. Zu fett wurde sein Schicksal: Der große Theologe fand ein schnödes Ende, als er auf einer Reise mit seinem Pferd auf dem Weg unter einem Ast lang kam, aber zu dick war, sich zur Seite zu beugen, um sich unter dem Ast weg zu ducken. Völlerei als einer der Todsünden….die Kirche, bedacht auf Märtyrer, Verzicht und Kargheit, zumindest  gegenüber ihren Gläubigen, überschwieg dezent dies Ende. Das Marzipan wurde in Treue zum Wort des großen Theologen Aquin weiter auch zur Fastenzeit genossen, natürlich nur der Gesundheit wegen…

Und zuerst, das sei zur Ehre Thomas von Aquins gesagt, nachdem das Marzipan nicht mehr nur von Venedig her importiert wurde über die Hanse, sondern vor allem in den Hansestädten an der Ostseeküste in Europa hergestellt wurde - waren es tatsächlich zuerst   Klosterküchen und Apotheken, die es herstellten  … ein Heilmittel eben…. Aber eben nicht nur…

Boccaccio (1313-1375) in seinem berühmten "Decamerone" preist das Marzipan als süße Krönung des Liebesglücks. Er lässt so den stupiden Ferondo „sein Weib für das honigsüßteste, viel verzuckerter als Marzipan“ halten.

Die Komplimente für eine Frau wandeln sich im Laufe der Zeiten – im Mittelalter, in dem die kleine Oberschicht, die lesen und schreiben konnte und Boccaccios Decamerone verschlang,

konnte sich eine Frau eben höchst glücklich schätzen, mit Marzipan verglichen zu werden – mehr ging nicht.                                          

Kaiser Karl IV (1316-1378) genoss 1368 in Siena mit Blattgold überzogene Marzipanbrote und sprach begeistert vom „Brot der Engel". Das hatte Th.von Aquin eigentlich über die Hostie gesagt, und sie als göttliches Brot des Menschenbezeichnet.

Kurfürst Johann von Sachsen protzte 1526 auf dem Reichstag zu Speyer mit Marzipan.

Wallensteins General Tilly erpresste von Sachsen im Dreißigjährigen Krieg – nicht etwa Gold und Silber – sondern: 80 Pfund Marzipan!

Das Marzipan war für diese sehr kleine oberste Oberschicht, was heute für Oligarchen ihre Luxusjachten sind: Genuss und Prunk – nur eben wird Marzipan aufgegessen, die Rohstoffe wachsen nach, so dass ein unersättlicher und nie gesättigter Markt entstand, in dem der Preis für die ganz Reichen keine Rolle mehr spielte.

Die Städte verschenkten gern prunkvoll bemalte, vergoldete Marzipanreliefs ihrer Stadtwappen, berühmt etwa Lübeck mit seinem Holstentor in Marzipan, nur eben protziger als heute.

Dafür geht das Holstentor heute 400 Millionen Mal pro Jahr in Marzipan geformt oder als Etikett auf Marzipanschachteln, Postkarten usw. in die Welt.

Wer außerhalb Lübecks, oder vielleicht Deutschlands und den Bildungsbürgern unter den Touristen würde in der Welt das Holstentor ohne Marzipan kennen?  Im Grunde ist das Holstentor durch das Marzipan weltbekannt und berühmt geworden. Dabei ist es sehr gut, dass das Holstentor selbst

zur nordwestdeutschen Backsteingotik des Mittelalters gehört und sehr dauerhaft haltbar gebaut wurde.

Reich geworden durch Handel und Handwerksbetriebe, wollte das Bürgertum nicht nachstehen, je mehr Reichtum, je mehr Marzipan, vergoldet, prunkvoll verpackt, nur etwas übersichtlicher als an den Höfen. Für diese reiche Kaufmannsschicht war das Marzipan damit vergleichbar dem SUV, Porsche oder Tesla unserer Zeit.

Wenn die Gondeln und das Marzipan Trauer tragen…

Im Jahr 1562 war in Venedig allerdings Schluss mit Lustig. Schluss mit Pracht, Protz und Prunk.                                   

Dem Dogen Girolamo Privli war es zu viel geworden. Venedig, die „Serenissima“, die reichste und mächtigste Handelsstadt des Mittelmeerraums im Mittelalter, war so reich geworden, dass die Venezianer nicht mehr wussten wohin mit all ihrem Geld.                         

 Der Dogenpalast, ein Museum geraubter Kunstschätze, der Markusplatz, vollgepflastert mit Palazzi von verschwenderischer Größe und Pracht wie ganz Venedig – da gab es kaum noch Möglichkeiten, mit seinem Reichtum repräsentativ zu beeindrucken

1562 wurde eine der letzten Ausweichmöglichkeiten, mit seinem Reichtum zu protzen - verboten.

Die Gondeln mussten fortan Trauer tragen. Alle einheitlich schwarz lackiert – vorbei das Vergolden und die Farbpracht.

Aber warum gleich schwarz, die Farbe der Trauer?

Venedig hatte damit zuvor schon gute Erfahrungen gemacht: Der Doge Privli wusste, dass schon seine Vorgänger damit unterwegs waren, der Prunksucht ihrer Bürger Einhalt zu gebieten – vielleicht hat er einfach nur nachgeahmt:

1514 hatte nämlich ein Doge das Vergolden von Marzipan verboten. Fortan wurde es -zumeist mit dunkler – Schokolade umhüllt.

 

 

Marzipan trug ab 1514 Schwarz, die Farbe der Trauer. Die Gondeln tragen seit 1562 Trauer und gleiten schwarz durch die Kanäle Venedigs.

Die Maßnahme 1514 war jedenfalls ein Gewinn für das Marzipan, weil es mit dunkler Schokolade umhüllt, sicher besser schmeckt als mit Blattgold überzogen. Und eine Versiegelung brauchte es ja, um das Aroma zu schützen und ein Austrocknen zu verhindern.

Die reichen Venezianer hatten dabei mit ihrem vergoldeten Marzipan auch die Lebensweise und den Luxus von Kaisern, Fürsten, hohem Klerus und Feldherrn des Mittelalters kopiert.                                         

Das Marzipan, zudem so gern vergoldet, droht schließlich anderswo soziale Unruhen zu stiften. Das fürchteten zumindest die Nürnberger Stadtväter, die deshalb 1603 Marzipan-Luxusexzesse bei Hochzeiten verbieten, weil die, die im sozialen Keller sitzen bei Hirsebrei, sonst vielleicht heraufkommen könnten, um sich auch zu bedienen.

1661 verbietet der Rat der Stadt Leipzig, dass Handwerker Marzipan als Gevatterstück verschenken – die Reichen dürfen „nur noch“ 1 Reichthaler für ein Marzipanteil ausgeben.                                   

Die Frage des großen Berliner Theaterkritikers Alfred Kerr zu Gorkis „Nachtasyl“ kurz nach1900 , was eigentlich passiert, wenn die Elenden aus Keller nach oben kommen, stellte sich also schon früh.

In Russland 1917 und Frankreich bereits 1789 wurde die Frage durch die Geschichte beantwortet. Die Esser vergoldeten Marzipans hätten es alle vorher wissen können….

Verrückt nach dem Luxus “Marzipan“ – im Barock ging es dann aber doch weiter und höher und kunstvoller und teurer mit dem Marzipan. Das Marzipan, das Trauer trug, war das I-Tüpfelchen rauschender Feste, Gelage und Banketts.

Das Barock entdeckt mit den Zuckerbäckern das Marzipan als Modelliermasse für kunstvolle Schaustücke:

Grimmelshausen schreibt in seinem „wunderlichen Vogelnest“ von 1672 von Tafeln „ganze Thurm und Schlösser aus Marzipan stunden.“

Die gewaltigen Tafelaufsätze des Sonnenkönigs Ludwig XIV. mit Marzipan-Kreationen aus Geflügel, Früchten, Wild, naturgetreu aus Marzipan nachgebildet, sind die kulinarisch-

soziale Vorschau auf 1789, als die sozialen Kellerkinder Frankreichs stürmten: Sie hatten nicht einmal Brot.

Der nie von Königin Marie-Antoinette gegebene Rat, dann doch Kuchen zu essen, half mangels Masse nichts – und Marzipan reichte ihnen dann nicht mehr.

Geschichte ist eben in oftmals vielfältig ungerecht. Besonders Lügen halten sich unerschütterlich, wenn sie oft genug wiederholt werden…wie wir auch heute unheilvoll erleben…

Und auch das klangvolle Bonmot “ Le luxe n’est pas le superflu, le luxe est le plus necessaire“ ging unter.                                       

Das wütende französische Volk knüpfte alle auf, die Schnupftücher (Taschentücher) besaßen, das galt schon als Luxus und zum Adel gehörig. Es half dem Marzipan nichts, dass es bescheiden Schwarz trug.

Schön, dass die Franzosen/Französinnen heute in breiten Schichten als „Bon Vivants“ französische Lebensart und Esskultur verbreiten und damit auch das französische „Massepain“(Marzipan) gerettet wurde.

Die Tafelaufsätze aus Marzipan mit Schwänen u.a. Tieren, Fabeltieren, Schlössern, Burgen usw. wanderten von den Tischen des Hochadels und hohen Klerus des Mittelalters auf die von Hochadel, hohem Klerus und reichem Bürgertum des 17. Und 18.Jh.

Marzipan galt damals schon lange als „königlicher Genuss“. Ausgerechnet Elisabeth I. mit ihrem elisabethanischen Zeitalter, aus dem die Größe Großbritanniens und sein „rule above the waves“ mit Sir Francis Drake u.a. aufstieg, war in ihrem ganzen persönlichen Eskapismus – verrückt nach Süßigkeiten, bei all ihrem Geiz.                      

Da Süßigkeiten teuer waren – wurde daraus der „königliche Genuss“, zuvorderst übertragen dann auf Marzipan. Daher noch heute der Name „Königliche Mischung“ für Marzipan-Couverts.                    

 

Die Verbürgerlichung des Marzipans im 19.Jahrhundert.

 

Aus Thorstein VeblensTheorie der Feinen Leute“ (1899) bewahrheitet sich immer wieder aufs Neue in der Geschichte zivilisierter Gesellschaften:              

Die reichen Eliten brauchen die immer neuen Kicks, um etwas zu erleben. Haben tun sie schon alles. Innovationen werden von Ihnen teuer bezahlt, um zu neuen Produkten zu werden, die dann in die Massenproduktion gehen und Allgemeingut werden. Das gilt vom Auto über den Farbfernseher bis zum Handy heute.

So erging es dem Marzipan auch – zu unser aller Glück!                                     

In der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts entstand das „Biedermeier“, die behaglich-bürgerliche Zurückgezogenheit in Zeiten der Restauration der Unterdrückungsstaaten a la Metternich, zu denen auch Preußen gehört.

Die Möbel des Biedermeier ahmen bescheiden den überprotzten Stil von Barock und Rokoko nach, aber in edlen Hölzern – zeitlose Klassiker und Vorbilder bis heute.

Und so ging es 1800-1850 auch zu zum Thema Küche und Kulinarisches.                                                                                  

Es waren zwei Erfindungen, die das Marzipan verbürgerlichten und zur beliebtesten Süßigkeit der Deutschen machten, die ihnen ermöglichte, die Reichen und Mächtigen nachzuahmen:

Der Anbau von Rübenzucker vor der Haustür bedeutete nicht nur das Ende abschließbarer Zuckerdosen nach Napoleons Ende und seiner Kontinentalsperre, sondern auch billigem Zucker daheim statt teurem Rohrzucker aus Indien für das Marzipan.

Mit der Industrialisierung, die Deutschland ungefähr ein Jahrzehnt zeitversetzt überrollt, kommt die Fabrikproduktion mit

besseren, billigeren Herstellungsweisen durch Maschinen, wie z.B. der Nussmühle für die Marzipanherstellung im Fabrikbetrieb

Die Erfindung der Eisenbahn Mitte des 19.Jh. verbilligte den Transport.– Und aus Übersee kamen Mandeln im Überfluss.

Das war wundervoll – denn zu dieser Zeit kam die zuvor elitäre Kaffeehaustraditionrichtig in Fahrt für die Bevölkerung und mit ihr der Genuss von Torten, Kuchen, Gebäck – und Marzipan!                         

Bis dahin war es vom Leipziger Kaffeebaum („Arabischer Coffe-Baum") 1711und dem Cafe Procope in Paris ein weiter Weg über die Boudoir-Kultur des Adels mit Kaffee und Kakao , die „Kaffeeschnüffler“ Friedrichs des Großen, der hier eher klein dachte und seinen Untertanen den Kaffee verbieten wollte, bis zu den Kaffeehäusern, nicht nur in Österreich mit Wien als Flaggschiff, sondern ganz Europa – Orte der Kultur, der Inspiration, denen die Welt unsterbliche Kompositionen, Literatur, Verschwörungen und Revolutionen verdankt – alles in Kaffeehäusern erdacht, diskutiert und aufgeschrieben – bei Sachertorte, Patisserie und Marzipan.

            

Apotheker-Bäcker-Zuckerbäcker

Beruflich waren es verschlungene Wege, die Rosenwasser, Zucker und Mandeln zu Marzipan werden ließen.

Zuerst waren es vor allem, abgesehen von den Graubünder Zuckerbäckern, die Apotheker/Innen, auch in den Klöstern, die Marzipan herstellten, nicht nur weil es als gesundheitsfördernd galt, sondern weil sich in ihm auch bitte Arzneien besser an die Kunden/Innen bringen ließen. Das klingt noch 1964 nach in dem Musical Mary Poppins, das 1965 fünf Oskars bekam mit seinem weltberühmten Song von Julie Andrews als Mary Poppins „A sponful of Sugar“…ein Löffel Zucker versüßt die bitterste Medizin…

Die Apotheken waren auch im Gewürz- und Arzneihandel mit den Zutaten des Marzipans verbunden.

Die Apotheke waren nicht nur lange die ersten Verkaufsstellen von Marzipan.- Auch auf der ersten Autofahrt der Geschichte am 5.8.1888 tankte die beherzte Bertha Benz den ersten PKW – an einer Apotheke, der ersten Tankstelle der Welt,auf, mit Ligorin, ersatzweise versteht sich.

Wären die Apotheker etwas mehr auf Draht gewesen als

Kaufleute und hätten über ihr Netz die Marzipanherstellung an

sich gerissen und später ein Tankstellennetz aufgebaut:

Sie hätten mit den Stahl- und Eisenbahnbaronen gleichgezogen.                                   

So aber verhielten sie sich wie die Schuster und blieben bei ihren Leisten bzw. Pillen und Tinkturen.

Gustave Flaubert hat den Apothekern jener Zeit, “Stützen der Gesellschaft“ ein literarisches Denkmal gesetzt mit dem Apotheker Homais in „Mme Bovary“(1857), der zusammengefasst mit dem Satz beschrieben wird:“ Il regarde les autres faire“.

Die Geschichte ist eben auch übervoll – von verpassten Chancen…

Dann nahmen sich die Bäcker des Themas Marzipan an. Aber Marzipan wird nicht gebacken.

Auch all die Torten, die ab der Neuzeit in Mode kommen, sind nicht mehr die einfachen Butterkuchen, die seit alters her mit dem Brot mitgebacken oder ihm im Ofen nachgebacken wurden. Auch Desserts und Verzierungen sind sehr gefragt. 

Hans Christian Anderson hat das in seinem „Zwerg Nase“ gebührend gewürdigt.

Zwerg Nase hat dann zwar zuvorderst mit seiner "Dänischen Suppe" (einer besonderen Kartoffelsuppe) Erfolg gehabt, aber auch vom speziellen Koch für die Desserts musste er unbedingt viel lernen.

Angesichts der großen Nachfrage entsteht ein neuer, vom Bäcker abstammender Fachberuf: Der Feinbäcker oder Konditor. Aber am Ende backen die aber auch.

Die nächste - nicht zeitliche – Spezialisierung ist daher:

Der Zuckerbäcker, der allerdings nicht backt, sondern aus Zuckermasse etwas zusammenklebt und formt. Marzipan etwa.

Die Zuckerbäcker heißen aber deshalb wohl noch Bäcker, um die Verwandtschaft mit Feinbäckern und Bäckern zu wahren.

Wie viele Regionen spezielle Gewerbe haben, durch die sie berühmt wurden und sind wie z.B. das Erzgebirge durch das

Spielzeug, so ist es beim Kanton Graubünden in der Schweiz mit seinen Zuckerbäckern. Einige Familien von Zuckerbäckern                                          

in Graubünden, die über Generation in die Länder ganz Europas gingen, ein großes Netzwerk bildeten und die Herstellung von Marzipan wortwörtlich auch in neue Formen brachten, begründeten eine einheitliche, immer ähnliche Marzipankultur in Europa.                

 

Die Welt der Dinge in Marzipan

Negativformen, wie es sie z.B. für Lebkuchen oder Wachsbilder schon gab, wurden nun für Marzipan hergestellt. Mit ihnen beginnt die Serienproduktion von Marzipan. Gipsformen aus der Porzellanfertigung etwa oder Schwefelformen mit Gipsverstärkung aus der Spielzeugindustrie wurden für die Massenproduktion von Marzipan genutzt. Allein die Hersteller dieser Formen konnten reich werden.- Die Motive sind vielfältig, aber über Europe gesehen ähnlich, weil die Zuckerbäcker der ersten Generationen eben auch verwandt und vernetzt waren.

Stadt- und Länderspezifisch ist die Vielfalt ohne Grenzen:

In Hamburg das Schiff als „Gruß aus Hamburg“, Hannover mit seinem Welfenherrscher, natürlich nach dem Denkmal vor dem Bahnhof auf Pferd, Langensalza mit Kaiserstandbild natürlich Kaiser, auch auf Pferd, aber, da es später ist – auch mit Pickelhaube; Jäger zu Pferd mit Gewehr, Pistolen, Scheren, Osterhasen, sämtlich bekannte Früchte, Vogelnester,

Weihnachtsmann mit Baum zum Fest, oder Engel mit Zweig, Hirsch mit Geweih als Jägerglück, Blumen, Pantoffeln, Scheren, Mandolinen, Schweine, Schlitten, Tennisschläger, Zwerge, Babys, auch auf dem Topf, Hüte, Handschuhe, Schlips und Schuhe, Frösche, Zwerge, Zeppeline, Boote, Schlitten, Hörner, Krüge, Autos, Becher, in Vorkriegszeiten auch mal Marzipan als Bombe oder Kriegsschiff ….

Es gab fast nichts, was es in Deutschland nicht aus Marzipan gab. Die Formbauer für Marzipanfiguren wurden reich durch die Wünsche ihrer Kunden, die Feinbäcker und Zuckerbäcker, neue Formen anzubieten und…und…und…geblieben ist vor allem:

Das Holstentor in Marzipan, gleichsam die Mutter aller Marzipan gewordenen Dinge.

Und zu Weihnachten: Glocken, Engel, Zweige, Weihnachtsmann, auch mit Baum, und Christkind, gern mit gefalteten Händen, aus Marzipan.         

Zu Ostern: Marzipanosterhasen und Ostereier.

Zu Silvester/Neujahr: Das Glückschweinchen aus Marzipan darf nicht fehlen.                           

Der Rest ist Geschichte. Und das scheint gut so. - Denn:Wer möchte heute etwa noch einen Hammer, Baby auf Topf, eine Bratwurst, Pantoffeln oder eine Ente mit umgedrehten Hals aus Marzipan geschenkt bekommen?

Die Marzipanzwerge sind ins Grüne gewandert, wo sie als unverwüstliche Gartenzwerge ihr gewünschtes, gelegentlich zuweilen auch wohl belächeltes Dasein führen.

                      

Keine Feier ohne Marzipan

Nein, nicht: Keine Feier ohne Meier – sondern: Keine Feier ohne Marzipan!

Hochzeiten mit turmartigen Torten– sehr gern mit Marzipan! Eben sehr gut herzustellen und zu modellieren mit Marzipan. Hier dämmert leise die Liebe der Barockzeit zu turmhoch modellierten Marzipan-Gebirgen herauf.

Die Marzipan-Torte ist eine beliebte Torte bei Hochzeiten und in feinen Cafes geblieben, zu Recht. Zu Ihnen gehört auch die Friedrich-Wilhelm-Torte der Manufaktur OHDE in Berlin, die  auf dem Weg ist ,zu Berlin zu gehören, wie die Sacher-Torte zu Wien 

 

       Aufgeschnitten : Friedrich-Wilhelm-Torte von OHDE

 

 

 

                Und so sieht sie ganz aus:

              Die 2018 kreierte und geschützte

       Friedrich-Wilhelm-Torte der Manufaktur OHDE

 

In Italien dagegen ist das Marzipan mit den Heiligen und dem Kirchenjahr eng verbunden, so wie es der Lebkuchen früher auch in Deutschland war, heute aber auch in die Winter/Advents- und Weihnachtszeit gehört.

Heute Marzipanerzeugnisse zu besonderen Festen zu reichen, ist in vielen Ländern der Nachklang seines früheren Luxusimages.

 

Marzipan verpackt – eine spannende Verpackungsgeschichte

Eine Marzipanverpackung muss das Marzipan frisch halten und das Austrocknen verhindern.

Von den zu verschließenden Keramikgefäßen für Gewürze, Arzneimittel und vielleicht auch Marzipan war schon die Rede.

Der Transport im Handel über Holzkisten setzt sich dann durch.

Aber für die Endkunden/Innen, die weit bis ins 16. Jahrhundert hinein den absoluten Luxus kauften, nämlich Marzipan, noch dazu mit Blattgold überzogen: Solcher Luxus braucht eine enorm repräsentative Verpackung.

Am Ende setzt sich die mit Papier ausgelegte Spanschachtel durch.                          

Die Schachteln bekommen einen papierenen Überzug, der später bunt bedruckt ist.

Alles aufwändig gestaltet. Und die Herstellung der filigranen Spanschachteln wird in deutschen Gebirgsgegenden wegen ihres Holzes ein florierendes Geschäft, mit dem die sogenannten Schachtel- oder Gabelmacher viel verdienten, ihre Zunft wuchs und wuchs.

Die heute noch übliche und beliebte Pappschachtel wurde 1857 in Lübeck erfunden durch den Bruder des Konditors Rudolf Moll, einen Buchbinder, der die Idee hatte:

Spanschachtel durch Pappschachtel ersetzen. Es funktionierte mit weißer Pappe.

Der Konditor Rudolf Moll aus Lübeck, dessen Buchbinder-Bruder die Pappschachtel ebenda erfand – machte in Berlin eine unglaubliche Marzipan-Karriere, die später erzählt wird.

Es reicht also nicht, selbst ein ideenreicher Founder zu sein – man muss auch glücklich jemanden finden, der die passende Verpackung dazu erfindet

In unseren Tagen ist der deutsche Milliardär Paul Gauselmann mit seinen Glückspielautomaten ein gutes Beispiel: Er trickste von Jugend an begeistert an Spielmaschinen, aber er suchte zu Anfang lange nach einem Tischler, einen Kasten dafür baute…

 

Marzipan in Europa

Dänemark

Odense Marcipan ist heute ein Großhersteller von Marzipanrohmasse und Marzipanprodukten mit weltweitem

Versand. Mit rd. 20 Tonnen Jahresausstoß bei einer weltweiten

Produktion von 100 Tonnen produziert Odense Marzipan 20 % des Marzipans und seiner Rohmasse weltweit.

Marzipan wird in Dänemark heute in vielen kleineren Betrieben hergestellt und z.B. für die besonderen dänischen Schokoladen- Schaum-Küsse verwandt, die unter der Schokolade eine Marzipanschicht haben.

Eine dänische Tradition ist der „Kransekage“, ein hoher, turmartiger Kuchen aus gebackenem Marzipan, der bei keiner Hochzeit, großen Geburtstagen und Feiner fehlen darf.

Belgien

Die Confiserie Neuhaus in Brüssel, 1912 gegründet, ist in Europa geschätzt und bekannt für seine berühmte Schokolade, seine belgischen Pralinen und bezogen auf das Marzipan in Belgien auch für seine Pralinen mit Marzipan.

Estland

Tallin (Reval)                                 

Der Schweizer Konditor Lorenz Caviezel eröffnete 1806 ein Ladengeschäft und produzierte auch Süßwaren. Neben Niederegger ist dies die erste Gründung einer Marzipanherstellung im deutschsprachigen Raum. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde daraus die Firma Kawe, der größte Schokoladenhersteller Estlands, der GB, die USA, China, Nordafrika und Indien belieferte. Nach den Zeitläuften und der Privatisierung gibt es seit 1995 die Firma Kalev mit 330 Mitarbeitern, Cafes und Konditoreien, die alle zu einem Lebensmittelkonzert gehören.

Frankreich

In Marseille beginnt die Marzipanproduktion 1781 mit dem ältesten Cafe der Stadt. In Aix en Provence werden Mandeln seit dem 16 Jh. angebaut, die Spezialität der „Calissons „mit Mandeln geht bis ins 15 Jh. zurüc

Italien

Venedig

Die Graubünder Zuckerbäcker wanderten im 18.und 19 Jh. in großer Zahl nach Venedig ein und gründeten Betriebe:

1766 gab es 256 Bündener Betriebe. Das wurde den Venezianern zu viel: Ausländer raus! - Sie wurden als unliebsame Konkurrenz wegen Überfremdung ausgewiesen.

Sizilien

Das Konglomerat der Kulturen von Morgenland u. Abendland, Sizilien, kam früh mit dem Marzipan aus Persien und dem arabischen Raum in Kontakt.               

Die sizilianischen Marzipanfrüchte („Frutti delle Martonarana“),                                              

wie lebensechte Früchte geformt, sind eine Tradition bis heute. Der Name stammt vom Kloster der Benediktiner-Nonnen: Die Nonnen schufen zuerst diese beliebte Marzipan Kreation.

Eine weitere Spezialität sind die Osterlämmchen, die “Agnellini Pasquali“.

Catania auf Sizilien

Vom 3.-5.Februar feiert man in Catania ein Marzipan-Festival zu Ehren der Schutzpatronin der Stadt, der Santa Agata.                                  

Südapulien

Die berühmten Fischgerichte der Region haben es in eine Marzipanfassung geschafft:

Weihnachtsgebäck aus Marzipan als großer Fisch, mandelbestreut.

Österreich

Salzburg

Um 1900 wurde die Mozartkugel vom Konditor Karl Schatz erfunden: Pistazienmarzipan von Nougat umhüllt in Schokoladen-Covertüre.

Der jährliche weltweite Verzehr von Mozartkugeln verschiedener Hersteller dürfte die 100- Millionengrenze ziemlich erreichen.

Wien

1786 beginnt die Geschichte der späteren k.u.K. Hofbäckerei Christian Demel ‘s Söhne, die 1786 vom Zuckerbäckergesellen Ludwig Dehne aus Deutschland gegründet und später an

seinen Altgesellen Christoph Demel übergeben wird. Heute gehört die Firma einer großen Gesellschaft.

Das Demel- und Marzipanmuseum am Kohlmarkt in Wien zeugt von der großen Geschichte des Hauses.

Portugal

Besonders kleine Früchte in einer Kartonschachtel aus Marzipan, einst von Nonnen kreiert, sind heute saisonunabhängig Massenware im Supermarkt. Besonders beliebt in Portugal ist die schon erwähnte Figur Fuß in einer Socke. Apart anzuschauen…

Schweiz                      

Engerdiner Zuckerbäcker

Die absoluten Marzipan-Spezialisten, die Zuckerbäcker aus                                     

Graubünden – sind weitgehend nach ganz Europa ausgewandet. Von Graubünden aus sind nachweislich Zuckerbäcker in 891 Städte ausgewandet.                                                                

Angefangen hat es im 15 Jh. mit der Auswanderung nach Venedig, wo die Waren aus dem Orient angeliefert wurden, ein

perfekter Ort für die Marzipanproduktion. Aber die Venezianer übernahmen die Graubünder Betriebe, und 1766 war ganz Schluss: Die aus Venedig damals verabschiedeten Feinbäcker und Konditoren aus wenigen Familien bildeten ein ungeheures Netzwerk, dem um 1900 über 700 Konditoreien gehörten.

Für das Marzipan sind die Graubünder, was die Erzgebirgler für das Spielzeug sind.                                        

In der Schweiz gibt es seit Ende des 19.JH eine Tradition und Liebe zum Marzipan, die sich besonders äußert in den „Pfirsichsteinen, d.h. Marzipan geformt in Gestalt und Farbe eines Pfirsichsteins

Spanien

Toledo

Unter arabischer Herrschaft nach 711/18 kommt auch das Marzipan nach Spanien, genauer: Besonders nach Toledo.

Das „Mazapan de Toledo“ ist noch heute berühmt.

Die Araber fingen großflächig den Anbau von Zuckerrohr an,

dass dadurch nicht mehr aus Indien importiert werden musste.

Zuckermühlen wurden gebaut.

Nach der Vertreibung der Araber übernahmen die Nonnenklöster die Marzipantradition. Spezialität aus Marzipan: Heiligenknochen, das sind Marzipanröllchen mit Creme oder Kürbiskonfekt gefüllt. Daneben Marzipan-Biskuit und vieles andere mehr wie z.B. ein großer Aal – aus Marzipan.

Andere Länder, andere Sitten: Aber immer Marzipan!

Ungarn

Die Ungarn sind große Freunde des Marzipans. Wenigstens das ist z.Z. über Ungarns Freundschaften positiv zu sagen.

Von den Italienern, Venedig u.a. wurde das Marzipan nach Ungarn gebracht.

1477 ist zuerst das Marzipan erwähnt: An Neujahr bei einem

Essen für den frisch verheirateten König Matthias.

Budapest mit seinen Cafes bietet Marzipan an. Szamos Marzipan verkauft heute 80 % aller Marzipanprodukte in Ungarn. Die Tradition der Firma geht bis ins 18.Jh. zurück. 

 

Königsberg (Kaliningrad), (deutsch, heute russisch)

Das Königsberger Marzipan ist ein ganz eigenes Marzipan. Kleine Marzipanstücke, deren hoher Rand ein Relief hat, das nachträglich abgeflammt braun getönt ist. Das Innere, von oben einsehbar, ist oft mit einer kandierten Frucht gefüllt und mit Zuckerglasur überzogen, oder mit Konfitüre gefüllt.

 Durch das Abflammen erübrigt sich die Umhüllung mit Schokolade. Eine reiche Kaffeehauskultur ähnlich wie in Berlin entsteht und ist auch in Königsberg den Engerdiner Zuckerbäcker aus Graubünden zu danken, die nach

Königsberg im 18.und 19.Jahrhundert einwanderten.                                          

Mit dem II. Weltkrieg endet die Tradition des Königsberger   Marzipan –

die Familien der herstellenden Cafes und Firmen führen ihre Tradition verstreut über Deutschland weiter.                                

Deutschland

Marzipan ist heute der Deutschen liebste Süßigkeit.

Das ist so, seit das Marzipan im 19.Jahrhundert verbürgerlichte, d.h. für immer breitere Schichten erschwinglich war.

Neben  Lübeck mit Niederegger und vielen anderen Marzipanherstellern als einer deutschen Hochburg des Marzipans  sind in ganz Deutschland viele Konditoreien und Firmen mit Marzipanherstellung entstanden.                                                                             

Eine Sonderstellung nimmt Berlin ein. In Berlin wird neben Lübeck deutsche Marzipangeschichte geschrieben.

Die Deutschen werden verrückt nach Marzipan. Bis 1850 aber war Marzipan, weil sehr teuer, auch in Deutschland eine Minderheiten-Veranstaltung, auch selbst bei den Eliten.

Als Transport der Zutaten billiger oder die Produktion vor Ort war, die Industrialisierung Massenware herstellen konnte, gab es nur ein Problem: Die Massen mussten es wollen.

Zwei bzw. drei Männer in Berlin haben dies ziemlich allein bewirkt und eine Mode kreiert, die den Marzipan-Boom, den

Run, das Must-Have Marzipan auslöste:        

Rudolf Moll, der 1847-52 in Lübeck drei Jahre als Konditorgeselle gelernt hat, und dessen Buchbinderbruder die weiße Pappschachtel statt der Spanholzschachtel für Pralinen und Marzipan erfand, ist der gewitzte Mittelpunkt. Nach drei Jahren als Schiffskonditor von Hamburg aus und sesshaft dann in Minden/Westfalen als Konditormeister, hat es ihn nicht in der Beschaulichkeit gehalten:

1861 wird er Konditor in der Hofküche des preußischen Königs und ab 1870 deutschen Kaisers Wilhelm I.

Rudolf Moll modelliert die königliche Familie in Marzipan als Tafelaufsatz. Der König war begeistert.

Rudolf Moll erhielt den preußischen Verdienstorden für Kunst und Wissenschaft. Das Kunstwerk wurde aufgegessen.                                   

Der große Erfolg des Kunstwerkes und seines Künstlers gibt Anlass zu dem Vorschlag, mehr essbare Kunstwerke herzustellen.                                  

Das wäre sehr praktisch, weil man heute gar nicht mehr recht weiß, wohin überhaupt mit all der Kunst.

Viele Künstler arbeiten oft nicht mehr wie früher lange, oft Jahre ,an einem Werk, sondern sind ruck-zuck fertig in ein paar Stunden.                                         

Umgesetzt wurde das in den 90iger Jahren in der in Köln gezeigten Ausstellung „New York New York“ mit moderner Kunst aus den USA.                                     

Ein Raum bestand aus einem großen Bonbon-Berg.

Der Künstler verstarb. Der Bonbon Berg blieb. Der Aufseher unterlag einem Missverständnis und meinte, das Kunstwerk müsse daher aufgegessen werden. Er aß jeden Tag Bonbons, der Bonbon Berg wurde nicht viel kleiner, aber der Aufseher sehr viel dicker. Die Idee vermehrt essbarer Kunstwerke erscheint gut, sollte aber in der Umsetzung noch genauer bedacht werden.

Der Weg von Rudolf Moll jedenfalls war gemacht: 1866 wird er Berliner, 1875 gründet er eine Rohmarzipanfabrik, Weiß& Moll

in Berlin-Neukölln. Heute gehört die Firma Moll zu den größten Marzipanrohmasseproduzenten der Welt.   

Der beliebte preußische König, dann deutscher Kaiser Wilhelm I.– war verrückt nach Marzipan. Und mit und durch ihn wurde es die preußische, dann deutsche Hauptstadt Berlin

Seit dem 17.JH. bis ins 19.Jh. kamen in Berlin insgesamt viele Konditoreien und Cafes mit großer, langer Tradition wie das berühmte Cafe Josty, das 1756 gegründet wurde – und viele stellten auch Marzipan selbst her.

Der dritte Herr in Berlin, der Berlin in ein Zentrum der weltweiten Marzipan-Herstellung katapultierte, war der Apotheker Georg Lemke, pfiffiger als sein literarischer Kollege

Homais bei Flaubert:

Als Apotheker war ihm Marzipan qua Beruf nah. Mitten im einsetzenden Marzipan-Boom s.o. erkannte er: Mit Marzipan ist mehr Geld als in der Apotheke zu machen.

1902 gründete er mit Benno Markus, auch Apotheker, die Firma Georg Lemke GmbH u.Co KG-Firmensitz ebenfalls Neukölln.

Der Rest ist Geschichte.

Heute wird in Berlin-Neukölln bei den Firmen Moll und Lemke mit bis rd. 30 Tonnen Marzipanrohmasse ziemlich ein Drittel der weltweiten Marzipanproduktion von 100 Tonnen hergestellt.

Propre Manum oder das Glück ,das uns Manufakturen bringen

Der große Pädagoge (und am Ende eher schlechte Mensch) Hartmut von Hentig beklagte 1987 „Das allmähliche Verschwinden der Wirklichkeit und meinte das Verschwinden der analogen hinter der digitalen Welt – was richtig war und sich nachdrücklich im 82-Mio Menschen Feldversuch der Lockdowns der Corona Jahre in Deutschland bewahrheitete.

Botho Strauß stellte schon 1981 in seinem epochalen Werk „Paare Passanten“ fest, dass in der heutigen, so namenlos zerrissenen Zeit der Mensch mit einer sich immer mehr überschlagenden Informationsflut gleichsam zerhackt werde in seiner Aufmerksamkeit, wenn in einer Nachrichtensendung nur noch die Zeit ist, bei einem Unglück das Auftauchen des Schopfes des Ertrinkenden zu zeigen. Matthias Claudius hätte nie sein „Frühling lässt sein blaues Band“ heute noch in Ruhe schreiben können mit all den Strophen.

Stimmt. Die Ruhe ist weg. Die Entwicklungen und Veränderungen überholen uns: Früher sammelten Museen alle 50-60 Jahre eine Zeit. Heute alle 10 Jahre. Die neunziger Jahre mit den ersten Handys: Technische Steinzeit heute.

Und v.Hentig und Strauß stellten das fest noch vor dem Siegeszug von Internet, Mails und SMS mit sekundenschnellen Nachrichten, die uns unter Druck setzen, ebenso schnell zu antworten.

Corona Lockdowns waren abgesehen von den Videocalls auch der Feldversuch für 82 Mio Deutsche und Milliarden Menschen in aller Welt des auf sich selbst Zurückgeworfenseins, der Entschleunigung, des Festgestelltseins am Ort.

Geblieben ist die allgemeine Einsicht, dass es, wie uns Wilhelm von Humboldt vergessenerweise ins Stammbuch schrieb, dass es der Kontakt mit Menschen ist, der unser Leben am Ende ausmacht.

Da ist die Vergangenheit die rückwärtsgewandte Utopie, wie Ernst Bloch es in seinem Hauptwerk „Das Prinzip Hoffnung“ (1938-1947) genannt hat.

Rousseau ging nach Mittag zwei Stunden zur Post und zwei Stunden zurück, um einen Brief aufzugeben.

Er hatte trotzdem genug Zeit für ein Riesenwerk, auch im Umfang, und hat z.B. seinen „Emilie“ (1762), einen backsteindicken Wälzer – viermal mit der Hand abgeschrieben für Gönner. Er musste weder telefonieren, noch Auto fahren oder Mails senden und empfangen, Fernsehen gucken auch nicht.

Hanne Bogun in Fontanes Roman „Vor dem Sturm“, der 1812 spielt, kannte seine Umgebung in einem Radius von 12 km; er konnte nur zu Fuß gehen, die Kreisstadt hat er nie gesehen.

Die Gegenbewegung, die Flucht in etwas, was diese nie gute alte Zeit war, ist das prope manum, das individuell in Ruhe Handgemachte und das Cocooning als Möbel- und                                         

Einrichtungstrend: Das Sich-Einspinnen in der eigenen häuslichen Welt, die Zurückgezogenheit in die eigenen sicheren vier Wände wie im Biedermeier. Wenn draußen die Welt zu schnell wird, die Menschen nicht mehr mitlaufen können, und sie den Zeitläuften ausgeliefert sind:

Daheim eingesponnen mit den schönen, handwerklich in alter Tradition gearbeiteten haltbaren Dinge des Versandkaufhauses MANUFACTUM („handgemacht“).

Manufakturen, das ist das individuell Gemachte, mit dem ich mich unterscheiden kann. Propre manum die Entschleunigung, nach der wir uns sehnen, und mit der wir uns unterscheiden können.

Der Prenzlauer Berg ist eine scheinbare Idylle von Manufakturen von Kaffee, Torten bis Schuhen und Uhren, Parkplätzen für Lastenräder und Kinderlärm. Die Autos sollen nur noch „zu Gast“ sein. 2030 soll ganz Berlin ein „Bullerbü“ werden

Die Manufakturen für Schokoladen, Pralinen, Marmeladen usw. haben Hochkonjunktur, mit Bio und vegan oder vegetarisch obendrauf nicht zu toppen.

Die Manufaktur für Marzipan, Pralinen und Schokolade OHDE liegt im Trend – ohne es darauf abgezielt zu haben.

Eine Confiserie Spezialität höchster Güte von Zutaten und Zubereitung wird zwar mit der Hilfe von Maschinen hergestellt, aber in einer Konditorküche, von Hand zu HandHandwerk eben.

Wer den Porzellanmaler*innen bei der Königlich-preußischen Porzellan-Manufaktur (KPM) bei der Arbeit zusieht, wie sie jede Figur, alles, sorgsam mit feinsten Pinseln und so vielen Farben mit sicherer Hand ganz langsam und in großer Ruhe aufmalen, beginnt zu verstehen. Bei der OHDE -Manufaktur entstehen viele Pralinen und Marzipanwürfel, Maschinen helfen, aber am Ende ist es wie bei der KPM.

Das Besondere, die persönliche Hinwendung eines Menschen mit seiner ganzen Konzentration – das sieht man der bemalten KPM Figur an, ebenso wie dem viel einfacheren, aber auch aufwändigen Produkt eines Marzipanwürfels an, oder besser: Man weiß es, man spürt es. Bei KPM sieht man es. Bei OHDE schmeckt man es.              

Die Liebe zu Manufakturprodukten spiegelt die Sehnsucht nach Entschleunigung, nach Individualität wider in einer Zeit, in der der Mensch von der Geschwindigkeit der Technik überholt wird und nicht mehr Schritt halten kann.

Schon vor Jahrzehnten stand die Industrie für kommerzielle Reinigungsgeräte vor dem Dilemma, dass die Menschen nicht mehr schnell genug hinter ihren perfekten und superschnellen Reinigungsmaschinen hinterherlaufen konnten. Heute stehen wir wieder an einer technischen Zeitenwende: KI, die künstliche Intelligenz, die viele von uns ersetzen wird und uns dort, wo wir bisher Menschen begegneten, KI gegenüberstehen lässt, „begegnen" wäre das falsche Wort.

Aber auf filigrane Porzellantassen kann KI voraussichtlich nicht malen, auch keine Pralinen kreieren hoffentlich, auch keine handgemachten Schuhe, Hüte usw.

So lassen die Manufakturen hoffen, dazu beizutragen, dass etwas bleibt, wenn auch nur im Kleinen – das uns einfach: Mensch bleiben lässt!

Marzipan in Berlin interpretiert für das 21.Jahrhundert.

Der Berliner Unternehmer Hamid Djadda mit Firmensitz  in Berlin-Neukölln ,weiß um seine Nachbarschaft mit den großen Weltmarktproduzenten, den Firmen Moll und Lemke und ihrem Marzipan.

Hamid Djadda in Berlin 2022    

 

Da fällt ihm auf dem Berliner Flughafen im Duty Free Shop etwas ins Auge, was der Berliner Marzipangeschichte eine neue Wendung gibt:

Das Lübecker Holstentor als „Souvenir from Berlin.“ Das ging nicht. Wenn schon, dachte sich der Founder Hamid Djadda, dann doch wohl das Brandenburger Tor aus Marzipan – und hergestellt in Neukölln!

Das war die Geburtsstunde der Marzipanmanufaktur OHDE.

Neuköllner Marzipan GmbH, heute unter dem Dach der Djadda Firmengruppe in der Firma Shatoah integriert.                                      

Und natürlich bezieht die Manufaktur OHDE eine speziell für sie hergestellte Marzipan-Rohmasse – aus Neukölln !

Der Kosmopolit und Founder Hamid Djadda will zurück zu den über tausend Jahre zurückreichenden persischen Wurzeln des Marzipans und seiner von der Qualität gesehenen Hochzeit vor 1850 mit dem Beginn der Massenproduktion in Fabriken.

Mit 62 Prozent Mandelanteil ( Mandeln und Rosenwasser sind die teuren Zutaten) – und nur 38 % Zucker(der billigen Zutat) ist das OHDE Marzipan- das  Marzipan, das anders schmeckt. Mehr nach Mandeln, weniger nach Zucker. Und mit winzigen Mandelstückchen darin. Es ist brauner, grober. Nicht das feinkörnige, schneeweiße Marzipan, das so gängig ist.

So wenig Zucker wie möglich, soviel Mandeln wie möglich, nur Rosenwasser als natürliches Aroma. Bekömmlicher. Mandeliger. Mutig zurück zum Ursprung. Und propre manum, von Hand gemacht.

Die Verpackung ist ein Würfel, ein Glückswürfel. Nicht nur Nudeln machen glücklich. Marzipan auch.  

 

                                                   

Kaffeemarzipan, Marzipan mit Salz-Caramel – ein Verkaufshit -Kirschmarzipan, Marzipan mit Boysen-Beere und mit Sanddorn und natürlich klassisch einfach Marzipan mit 62% Mandeln mit dunkler Schokolade umhüllt.

 

                                 OHDE Marzipan ist das Marzipan mit dem höchsten Mandelanteil, das die Verfasserin dieses Essays kennt.

          

Hamid Djadda hat als Stifter seine Firma OHDE mit einem guten Zweck verbunden:

Alleinstellungsmerkmal der Marzipan- Manufaktur OHDE ist, dass zu ihr eine Stiftung, die OHDE Stiftung für Kinder in Berlin, gehört. Oder umgekehrt:                                       

Die OHDE Stiftung, die den schulischen Erfolg von

Kindern, besonders in Neukölln fördert, die es schwer haben – dürfte die einzige Stiftung mit einer Manufaktur sein.

Der Ricksdorfer Glückswürfel mit Vollmilchüberzug

www.ohde-stiftung.de

 

Die Kunden/Innen der OHDE Marzipan- Manufaktur können Marzipan und feinste Pralinen bequem bestellen im Online Shop : https://ohde.berlin

oder in den OHDE Läden wie z.B. in Berlin im Bikini Berlin oder im

OHDE Flagstore 6.Etage Kaufhaus des Westens,

KaDeWe, Tauentzienstraße 21-24, 10789 Berlin

         

 

            Edelstes Marzipan genießen und mit jedem

Marzipanwürfel Kindern helfen!    

 

            Scheckübergabe 2022 - 4.000 Euro an die Kepler OS Neuköln

 

Ein Marzipanwürfel.

  Mehr als Marzipan.

                            

Seit über tausend Jahre Geschichte der Bestseller Marzipan. Ein kleiner Teil der großen Geschichte, der uns Menschen durch die Jahrhunderte über die Gegenwart in die Zukunft freundlich begleitet.

 

Und wer reist, sollte eines oder am besten mehrere der vielen wunderschönen Marzipan-Museen in all den o.g .Ländern besuchen, viele in den alten Hansestädten an der Ostsee, gelegen aber auch etwa in Österreich oder Ungarn und vielen Ländern, die über Grenzen hinweg auch verbunden sind – auch durch die Freude am Marzipan.

                             

Dieser Aufsatz wird im April 2022 geschrieben. Am 25.2.2022 sind wir in einer anderen Welt aufgewacht. Russland hat die Ukraine überfallen und will sie erobern und auslöschen. Wir sitzen wie im Speisesaal der Titanic. Die Telegramme mit den Warnungen vor dem Eisberg wurden nicht beachtet. Hoffen wir, dass dem Eisberg noch ausgewichen werden kann.

Glauben wir, hoffen wir:  Das Gute hört nie auf!    

                                                            

 Dr. Susanne von Garrel

 

 

….und die Manufaktur OHDE stellt auch handgemacht  feinste Pralinen her wie diese Weltneuheit:

Die Kakaopraline mit persischem Blausalz

 

 

 

Literaturverzeichnis zur Marzipangeschichte dieses

Essays

 

1)Eine Kleine Kulturgeschichte des Marzipans.

Das Brot des Marcus

aus:Monumente 12/2006 , Magazin der Deutschen Stiftung für Denkmalschutz

 

2) Wikipedia

„Marzipan“

 

3) Lothar Tubbesind, Marzipan – eine lange Geschichte zu einem kurzen Genuss.

aus:Neue Züricher Zeitung 14.4.2001

 

4)Lübecker Marzipan : Es begann mit einer Hungersnot.

aus: Hamburger Abendblatt 20.12.2005

 

5)

Wer hat das Marzipan erfunden?

aus: Kitchen, o.D./o.O. online

 

6) Marzipan, aus: Mittelalter- Lexikon online

 

7) Ilka Stitz, Marzipan. Eine orientalische Köstlichkeit.

aus: Histo Journal Team o.O./o.D. Rubrik “Adventsgeschichten“

 

8) Torkild Hinrichsen, Marzipan. Das Brot der Engel. 111 S.

Husum 2012.